IQPR - Institut für Qualitätssicherung in Prävention und Rehabilitation

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Grafik enthält Schriftzug: 'Institut für Qualitätssicherung in Prävention und Rehabilitation (GmbH) an der Deutschen Sporthochschule Köln.', sowie die Schlagworte: 'Arbeit, Assessment, Chancengleichheit, Partizipation, Prävention, Qualität, Rehabilitation'.
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Info

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BKT-Kur, Bewegungskoordinationstest - Kur
Autoren des Beitrags: Georg Wydra
Grunddaten
aktualisiert: 06.05.2004
Bewegungskoordinationstest - Kur  (BKT-Kur)
Von: Wydra G., Bös K.
Verlag (Jahr): (o. A.)
Bestellung: Prof. Georg Wydra
Universität des Saarlandes
Sportwissenschaftliches Institut
66041 Saarbrücken
g.wydra@mx.uni-saarland.de

keine Demoversion erhältlich
Kontakt: Prof. Georg Wydra
s.o.
Zusammenfassung
Der BKT-Kur wurde Anfang der 80er Jahre im klinischen Bereich entwickelt, als es darum ging, die Therapie mit neurologischen Patienten zu optimieren. Zum damaligen Zeitpunkt lagen keinerlei Verfahren dieser Art vor. Es war notwendig eine Neukonstruktion vorzunehmen. Die mittlerweile jahrzehntelange Erfahrung insbesondere in der Bosenberg Klinik in St. Wendel sprechen für die Alltagstauglichkeit dieses wissenschaftlichen Verfahrens.
Test- / Analysedesign
Ziel(e) / Zielgröße(n):
Erfassung der Bewegungskoordination bei Erwachsenen.
Theoretische Grundlagen:
Bewegungstherapeuten können im koordinativen Bereich schon mit alltagsdiagnostischen Methoden Bewegungsauffälligkeiten ihrer Patienten feststellen. Die Bandbreite der beobachtbaren Defizite reicht von geringgradigen Koordinationsschwächen bis hin zu pathologischen Störungen der Koordination, wie z. B. der Ataxie (vgl. ARNS/HÜTER-BECKER 1983). Bereits minimale Störungen der motorischen Koordination verhindern die harmonische, effektive und ökonomische Ausführung von Bewegungshandlungen in Sport und Alltag. Aus schweren Koordinationsstörungen können einschneidende Einschränkungen in der Funktionsfähigkeit des menschlichen Organismus resultieren, die die Lebensqualität erheblich mindern können.

Verantwortlich für Störungen der Bewegungskoordination können sowohl neurologische Krankheitsbilder sein, als auch sozial bedingte motorische Fehlentwicklungen in der frühen Kindheit, im Sportunterricht der Schule. In späteren Lebensjahren lassen sich bestehende motorische Defizite nur noch schwer kompensieren. Bewegungsmangel im Alter kann bestehende Koordinationsstörungen noch verstärken.

Da Störungen der Bewegungskoordination immer wieder in der bewegungstherapeutischen Praxis zu behandeln sind, ist es hilfreich, den Grad der koordinativen Leistungsfähigkeit quantitativ bestimmen zu können. Während für den konditionellen Leistungsbereich vielfältige Messinstrumentarien vorliegen, sind solche Testverfahren für die koordinativen Fähigkeiten nach wie vor Mangelware (vgl. BÖS 1987). Als Ursache hierfür können das Fehlen physiologisch begründeter Motorikmodelle sowie die Komplexität des koordinativen Gegenstandsbereiches angesehen werden. Es gelingt nicht eine Verbindung zwischen der Ebene der Neurophysiologie und der Ebene der Bewegungsleistung herzustellen. Die Aussagen von JUNG (1976, 87), dass die Bewegungsphysiologie noch weit davon entfernt ist, motorische Leistungen des Menschen neuronal zu erklären, und von HENATSCH (1976, 246), dass die neurologische Forschung im Hinblick auf die Motorik erst lernen muss, die richtigen Fragen zu stellen, kennzeichnen den Stand der Bemühungen, wobei allerdings eine Auseinandersetzung mit Fragen der Bewegungskoordination auch innerhalb der neurophysiologischen Forschung als lohnendes Untersuchungsfeld angesehen wird.
Während für die Grundlagenforschung der Zugang zum Problemfeld der motorischen Koordination vorwiegend über die neurophysiologische Prozessebene erfolgt, ist für die sportwissenschaftliche Bewegungsforschung auch der Weg über die Verhaltensebene zur Bewegungskoordination gangbar,"... weil über das Resultat einer Handlung als Testaufgabe auf die Ausprägung einer Fähigkeit als einem Merkmal der Persönlichkeit geschlossen wird" (BLUME 1979, 81). Somit können sportmotorische Tests zur Erfassung der Bewegungskoordination verwendet werden. Für die Anwendung von Tests spricht neben ihrer einfachen Handhabung in der diagnostischen Praxis, ihre Ökonomie durch die Einsatzmöglichkeit bei großen Stichproben. Gegen Tests spricht eine gewisse Unschärfe der Messwerte im Vergleich mit physiologischen Laborparametern, die vielfach konstruktnäher sind und dadurch theoretisch besser abgesichert erscheinen.
Für die handlungsorientierten Diagnoseverfahren in der Hand von Bewegungstherapeuten bieten sich Durchführungen von Bewegungsaufgaben an, in denen die "qualitative Seite" der Motorik überprüft wird. Damit sind Aufgaben gemeint, in denen in erster Linie komplexe Prozesse bei der Informationsverarbeitung für die Aufgabenlösung entscheidend sind und weniger die energetisch determinierten Kraft- und Ausdauerfähigkeiten.

Nach solchen Prinzipien haben wir eine Aufgabensammlung zusammengestellt, die für fast alle gehfähigen Probanden anwendbar sein sollte und bei der neben den elementaren klassischen Funktionsprüfungen der neurologischen Diagnostik qualitativ neuartige Aspekte Berücksichtigung finden sollten. Die Orientierung an der realen Ebene komplexer Bewegungsaufgaben impliziert gleichzeitig einen höheren Gültigkeitsanspruch für die Übertragung auf die in Beruf und Alltag geforderte koordinative Leistungsfähigkeit.
Unter Berücksichtigung informationstheoretischer und physiologischer Grundlagen kann man unter Bewegungskoordination vereinfacht die Fähigkeit zur sensorischen Regulation von Bewegungshandlungen verstehen. Bewegungshandlungen lassen sich nach der Art des sensorischen Analysators akzentuiert in interozeptiv bzw. exterozeptiv regulierte Bewegungen unterscheiden. Nach der Art der sensorischen Rückmeldung lassen sich die Bewegungen in ballistische (Rückkopplung in der Endphase der Bewegung) und geführte Bewegungen (fortlaufende Rückkopplung) unterscheiden.
Erhebungs- / Analysemethoden:
Test / Messung;
Frage- und Antwortformate / Beurteilungsskalen: Motorische Aufgaben, deren Lösung dichotom (gekonnt vs. nicht gekonnt) erfasst werden.
Aufbau: Modularer Einsatz möglich;

Die Entwicklung erfolgte in Bezug auf die ICF (ICIDH I oder II): , ergänzend zur medizinischen Diagnose , Erfassung von Aspekten der Funktionalität
Gütekriterien
Objektivität:
Die Objektivität des BKT-Kur beträgt .97.
Reliabilität:
Zur Beurteilung der Reliabilität des BKT-Kur wurden neben einer Testanalyse, Untersuchungen zur Konstanz des Merkmals und zur Äquivalenz des Tests durchgeführt.
Test-Retest-Reliabilität 0.60 (n=26).
Paralleltestreliabilität 0.55 (n=67)
Cronbach Alpha 0.72 (n=1831)
Standardmeßfehler - SE (p=0.05) 1.40
Vertrauensintervall 2.75
Kritische Differenz 3.89.
Validität:
Zur Untersuchung der Validität wurden eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt (vgl. WYDRA/BÖS 1988). U. a. wurde eine Vergleichsuntersuchung mit dem KTK (vgl. SCHILLING 1974), dem weiter unten dargestellten Gleichgewichtstest und posturographischen Untersuchungen vorgenommen.
Aus der Analyse der Korrelationen mit dem KTK ergibt sich lediglich ein signifikanter Zusammenhang mit dem Item "Balancieren rückwärts" des KTK.
Die Korrelation zwischen dem BKT-Kur und dem GGT beträgt bei den Männern .73 (p=0.00), bei den Frauen .69 (p=0.00). Im Rahmen der gleichen Untersuchung wurden auch posturographische Untersuchungen auf einer Messplattform durchgeführt. Die Korrelationen zum BKT-Kur betragen .60 (p=0.00) bei den Männern und .45 (p=0.00) bei den Frauen.
Gruppenvergleiche zwischen Rehabilitanden mit unterschiedlichen Erkrankungen (innere Erkrankungen, leichte neurologische und schwere neurologische Erkrankungen) zeigen, dass der Test in hohem Maße in der Lage ist, diese Patientengruppen aufgrund des Testergebnisses voneinander zu differenzieren. 79 % der Männer und 88 % der Frauen werden aufgrund des Testergebnisses der richtigen Diagnosegruppe zugeordnet. Auch auf der Itemebene können spezifische krankheitsbezogene Unterschiede festgestellt werden (BÖS/WYDRA 1984).
Zielgruppe / Einsatzbereiche
Zielgruppenalter:
von 17 bis 90 Jahre
Anwendungsfelder:
Sporttherapie, Gesundheitssport
Ausschlusskriterien und Kontraindikation:
keine
Referenzen der praktischen Anwendung:
Wird seit fast 25 Jahren in den Bosenberg Kliniken in St. Wendel durchgeführt.
Voraussetzungen für die Anwendung
Erforderliche personelle Qualifikation:
Sporttherapeut
Raumbedarf:
16
Materialien:
1 Balancierbalken 4 m lang/10 cm breit,
2 Gymnastikeulen,
1 Gymnastik- oder Volleyball,
1 Gymnastikstab,
Zielmarkierungen an der Wand
Anwendung und Auswertung
Hinweise zur Anwendung: Einzeltest
Gruppenanwendung möglich bis zu 6 Personen.
Anwesenheit des Untersuchers während der Untersuchung notwendig
Anwendungsdauer: In der Gruppe max. 30 Min, als Einzeltest max. 10 Min
Hinweise zur Auswertung:
Bezug zur Normstichprobe: Bei der Interpretation der Testergebnisse können auch die unterschiedlichen Schwierigkeitsindizes der verschiedenen Items beachtet werden. Wenn ein Proband relativ schwere Items löst, während er relativ leichte Items nicht löst, so kann davon ausgegangen werden, dass keine Störung der Koordination vorliegt, sondern, dass psychogene Komponenten hierfür verantwortlich zu machen sind. Bei der Interpretation des Testergebnisses sollte deshalb auch qualitative Aspekte der Motorik berücksichtigt werden.
Aufgrund der Ergebnisse des BKT-Kur lassen sich drei Gruppen von Patienten differenzieren:
1. Patienten mit schweren Koordinationsstörungen, für die sportbezogene Programme zur Therapie der Koordinationsstörung nicht zu Anwendung kommen können. Dies ist der Fall, wenn der Proband keine Übung des BKT-Kur richtig gelöst hat. In der vorliegenden Untersuchung zur Erhebung der Normwerte traf dies für 2% der Patienten zu, da nur solche Patienten vom Arzt zum Test zugelassen wurden, die aufgrund medizinischer Kriterien für Sportprogramme in Frage kamen.
2. Patienten mit leichten Koordinationsstörungen, deren Koordinationsstörung mit sportbezogenen Konzepten behandelt werden können. Dies ist bei den Patienten der Fall, die bei der Testbeurteilung als "sehr schwach" eingestuft wurden.
3. Patienten mit einer "normalen" Koordination, die keine speziellen Fördermaßnahmen zu Verbesserung der Koordination benötigen. Dies ist bei allen Patienten, die eine "mittlere" oder bessere Testbeurteilung erreicht haben.
Bei schweren Koordinationsstörungen, insbesondere wenn der Patient nicht in der Lage ist über den Balancierbalken zu gehen oder auf einem Bein zu stehen scheiden sportbezogene Programme für die Therapie der Koordinationsstörung aus. Hier sollten spezielle krankengymnastische Therapieformen durchgeführt werden. Die einzeltherapeutische Betreuung scheint hier am ehesten die individuelle Förderung der koordinativen Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Insbesondere bei Patienten mit schweren neurologischen Erkrankungen ist von einem sehr hohen Prozentsatz auszugehen, der diese Minimalkriterien nicht erreicht (vgl. BÖS/WYDRA 1984).

Auswertungsdauer: 1 Min
Kosten
Anschaffungskosten: 0,- €
Einzelne Anwendung: 0,- €
Details: Steht in Abhängigkeit von den Personalkosten in der Einrichtung;
Publikationen
Allgemein:
Bös, K., Wydra, G. (1984): Ein Koordinationstest für die Praxis der Therapiekontrolle. Krankengymnastik, 36 (12), 777 - 798.

Bös, K., Wydra, G., Mechling, H. (1984): Entwicklung und Evaluation eines sportmotorischen Koordinationstestes für Teilnehmer(innen) an stationären Heilbehandlungen. In D. Jeschke (Hrsg.): Stellenwert der Sportmedizin in Medizin und Sportwissenschaft (S. 300 - 308). Berlin.

Wydra, G., Bös, K., Hökendorf, H. (1983): Diagnose und Therapie koordinativer Fähigkeiten. Psycho, 9 (5), 304-305.

Wydra, G., Bös, K. (1989): BKT-Kur - Ein Bewegungskoordinationstest für Kurteilnehmer. In H. Eberspächer & D. Hackfort (Hrsg.), Entwicklungsfelder der Sportpsychologie (S. 50 - 57). Köln: bps-Verlag, Köln.
Zu den Gütekriterien:
Bös, K., Wydra, G., Karisch, G. (1992): Gesundheitsförderung durch Bewegung, Spiel und Sport. Erlangen: perimed.
Analysebereiche bzw. Schlagworte
AnalysebereichSchlagwort
Körperliche Fähigkeiten Koordinative Fähigkeiten